Insgesamt rund 200 Teilnehmende kamen in der Heidmark-Halle in Bad Fallingbostel zusammen, um sich über ihre Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem jüngsten Hochwasser in Niedersachsen zur Jahreswende 2023/2024 auszutauschen. Neben Fachvorträgen und viel Raum für persönlichen Austausch, hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, sich einer begleitenden Fachausstellung mit unterschiedlichsten mobilen Hochwasserschutzsystemen vertraut zu machen, sowie mit Landeseinrichtungen und Ingenieurbüros ins Gespräch zu kommen. Ergänzt wurde das Veranstaltungsprogramm durch einen Fotowettbewerb zum Thema Hochwasser, dessen Abstimmung sich einer regen Beliebtheit erfreute und viel Anlass für Gespräche zwischen den Teilnehmenden bot.
Im Rahmen eines wasserwirtschaftlichen Überblicks stellte Markus Anhalt (Geschäftsbereichsleiter Wasserwirtschaft und Strahlenschutz, Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) in seinem Vortrag einerseits einen hydrologischen Rückblick auf das Winterhochwasser dar, andererseits ordnete er ein, wie dieses Ereignis vor dem Hintergrund des Klimawandels einzuordnen ist, und auf welche Ereignisse wir uns zukünftig einstellen müssen. Aufgrund der erwarteten Veränderungen der Hochwasserverhältnisse in puncto Höhe, Intensität und Häufigkeit, gewinnen auch Möglichkeiten der Vorhersage immens an Bedeutung. Umso wichtiger ist also die Kenntnis hilfreicher Webportale sowie der Umgang mit den dort veröffentlichten Warnungen. Diese Perspektive wurde ergänzt durch eine Einordnung und einen Rückblick aus Sicht des Katastrophenschutzes. Pascal Drewes (Niedersächsisches Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz, Dezernat Katastrophenschutz) zeigte auf, mit welchen Herausforderungen der Katastrophenschutz sich in dieser außergewöhnlichen Lage konfrontiert sah und welche Schritte in der Nachbereitung ergriffen werden, um zukünftig noch besser auf ähnliche Ereignisse reagieren zu können.
In seinem daran anschließenden Vortrag zog Lukas Czeszak (Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, Referat Katastrophenschutz) eine Zwischenbilanz und erläuterte die zukünftige strategische Ausrichtung des Landes, insbesondere vor dem Hintergrund des vereinbarten Ad-hoc-Pakets zur Stärkung des niedersächsischen Katastrophenschutzes (2022-25). Insbesondere die Bedarfe und Erfahrungen auf kommunaler Ebene sind hierbei zentral, um den Katastrophenschutz von der Basis aus zu stärken.
Welchen Anforderungen mobile Hochwasserschutzsysteme gerecht werden sollten, um sich im Ernstfall verteidigen zu können, erläuterte Prof. Dr.-Ing. Klaus Röttcher (Akademie Hochwasserschutz / Ostfalia Hochschule). Herausforderungen in der Wahl geeigneter Schutzsysteme liegen unter anderem darin, dass sie in der Regel auf aufgeweichten Böden (be)stehen können sollten und ihr Aufbau bereits vor dem Ernstfall erprobt sein sollte.
Mit Blick auf die vielfältigen Schutzsysteme, welche die Teilnehmenden im Rahmen der Fachausstellung live und teilweise in Aktion bestaunen konnten, fasste Beatrice Kausch (Kommunale UmweltAktioN) zusammen, es gebe unter den ausgestellten Systemen keine per se besseren oder schlechteren Produkte, sondern alle Produkte sind geeignet für den jeweiligen Anwendungsfall.
Von ihren ganz konkreten Erfahrungen mit der Verteidigung gegen das Weihnachtshochwasser berichteten aus der Sicht der Samtgemeinde Ahlden Carsten Niemann (Samtgemeindebürgermeister), aus der Sicht der Stadt Braunschweig Peter Geisenhainer-Anhalt (Leiter Stadtentwässerung) sowie aus der Sicht des Unterhaltungsverbandes Obere Hunte Uwe Bühning (Geschäftsführer). In allen drei Fällen hat sich gezeigt, dass vieles bereits im Vorfeld sinnvoll vorbereitet werden kann und sollte, wie z.B. die Entwicklung von Alarm- und Einsatzplänen sowie Stabsstrukturen, Informations- und Kommunikationsstrategien, die Identifizierung besonders gefährdeter Gebiete sowie neuralgischer Punkte, sowie die Zuständigkeiten in der Entsorgung. Alle drei Referenten hoben hervor, wie wichtig es ist, aus den Erfahrungen dieses Ereignisses zu lernen und vor Ort eine gemeinsame Wissensbasis zu schaffen, denn „nach dem Hochwasser ist vor dem Hochwasser“. Perspektivisch ist es nicht nur sinnvoll, eine bessere Datengrundlage und Prognosefähigkeit zu schaffen (beispielsweise durch weitere Pegel), sondern bestenfalls auch ganz grundsätzlich dem Wasser in der Landschaft mehr Raum zu geben.
Das Vortragsprogramm wurde beschlossen von Reinhard (Riku) Vogt (aD HochwasserKompetenzCentrum e.V. Köln) mit einem Plädoyer für den Einsatz moderner mobiler Systeme und stellte deren Vorzüge gegenüber herkömmlichen Sandsacklösungen dar. Er betonte zudem die Wichtigkeit, aus Ereignissen zu lernen, regelmäßig zu üben und den Hochwasserschutz auf Basis von Beobachtungen und Erkenntnissen als Daueraufgabe zu behandeln und immer weiterzuentwickeln. Da es keinen absoluten Hochwasserschutz gibt, ist ermunterte er die Teilnehmenden in kölschem Dialekt, immer das Beste zu hoffen und gleichzeitig auf das Schlimmste vorbereitet zu sein.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der 6. Erfahrungsaustausch kommunaler Hochwasserschutz ein voller Erfolg war. Die Veranstaltung bot eine hervorragende Plattform für den Austausch von Erfahrungen und Ideen, sowie für die Vernetzung untereinander. Die vielen positiven Rückmeldungen motivieren uns, dieses Format auch in Zukunft zu organisieren und so einen Beitrag zum Hochwasserschutz in Niedersachsen zu leisten.